Haushaltsrede Freie Wähler / FDP Leinfelden Echterdingen, 22.11.2022

Stellungnahme der FW/FDP-Gemeinderatsfraktion zum Haushaltsplanentwurf

Doppelhaushalt 2023-2024

Dr. Eberhard Wächter

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Klenk, sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Dihm, sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Kalbfell, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinde- und des Jugendgemeinderats, meine sehr geehrten Damen und Herren,

die diesjährige Haushaltsberatung stellt ein Novum in der bald 50 jährigen Geschichte der großen Kreisstadt Leinfelden-Echterdingen dar: erstmals beraten wir den Haushalt für die Jahre 2023 und 2024 zusammen. Wir sprechen vom ersten Doppelhaushalt in unserer Stadt. Der Kämmerer hatte bei der Einbringung im Oktober darauf hingewiesen, dass das Gremium, also der Gemeinderat, dies schon länger gefordert hatte.

Der Beschluss hierzu gründet sich auf einen Antrag der Grünen. Unsere Fraktion steht und stand der Sache von Anfang an eher skeptisch gegenüber. Mag sein, dass auch andere Fraktionen vielleicht den Wunsch nach einem Doppelhaushalt geäußert hatten, vielleicht in Nebensätzen oder bei Nachsitzungen.

Gemäß dem Antrag der Grünen soll der Doppelhaushalt viele Vorteile haben, so etwa entfalle „das lange und aufwendige Haushaltsaufstellungsverfahren für das zweite Haushaltsjahr, der Arbeitsaufwand in der Verwaltung werde erheblich reduziert, wodurch die Verwaltung entlastet werde und personelle Kapazitäten für andere Aufgaben frei würden – ebenso reduziere sich der Arbeitsaufwand für den Gemeinderat. Ein weiterer Vorteil liege, so die Grünen in ihrer Begründung, in der verbesserten Planungssicherheit für die Verwaltung und anderer kommunaler Leistungen sowie in der Reduktion von Haushaltsresten auf ein Minimum.

Diese Vorteile sehend, ist die Stadt dem Antrag der Grünen gefolgt und hat den ersten Doppelhaushalt vorgelegt. Und was passiert?

Sofort werden dem Gemeinderat bei der Einbringung die Bedenken und Nachteile in einer überaus drastischen Sprache geschildert, dass einem nur „Angst und Bange“ werden kann.  Der Kämmerer formuliert in seiner Rede die Problematik mit dem Doppelhaushalt so: „eine einigermaßen exakte Planung über 2 Jahre sei nahezu unmöglich“, so seine Worte. Auch habe das Erstellen des Doppelhaushaltes so viel Zeit in Anspruch genommen, dass der Haushalt so spät erst eingebracht werden konnte, dass er nun erst im Februar 2023 und nicht zum Jahresbeginn in Kraft treten kann. Personalkapazitäten wurden über alle Maßen gebunden. Und weiter: zur Mitte des 2-Jahreszeitraumes kündigt er vorsorglich eine Nachtragssatzung an. Also besprechen wir in einem Jahr den wahren Haushalt für 2024 – hoffentlich. Denn meine Damen und Herren, eines ist doch klar: in diesen besonderen Zeiten, in denen nicht mal ein normales einjähriges Haushaltsjahr ohne Nachtragshaushalt auskommt, wie in den Jahren 2022 und 2021 gesehen, sollten wir uns doch nicht vormachen lassen, dass ein Doppelhaushalt irgendwelche Vorteile bringen würde. Im Gegenteil: von der vielzitierten Forderung nach Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit entfernen wir uns mit einem Doppelhaushalt weiter denn je.

Unsere Fraktion teilt die Bedenken der Stadtverwaltung und sieht wie die Nachteile die Vorteile eher überwiegen. Denn, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: die Vorteile gibt es doch nur, wenn kein Nachtragshaushalt notwendig wird. Und dieser ist ja aber bereits vom Kämmerer angekündigt!

Und noch etwas ist für uns als Freie Wähler-FDP-Fraktion entscheidend: ein Nachtragshaushalt ist lediglich ein einfacher Gemeinderatsbeschluss. Er gibt nicht die Möglichkeit einer Haushaltsdebatte. Das ursprünglichste, eigentümlichste und wichtigste Recht des Gemeinderats, nämlich das Haushaltsrecht, das kritische Auseinandersetzen mit der Finanzplanung der Gemeinde in Form von Haushaltsreden und -Anträgen wird also eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund, aber auch geschuldet der Tatsache, dass der eingesparte Verwaltungsaufwand einerseits durch das aufwändigere Erstellen des Doppelhaushaltes und andererseits durch das notwendige Erstellen von möglicherweise mehreren Nachtragshaushalten wieder egalisiert wird, stellen wir schon heute den Antrag mit dem Haushaltsjahr 2025 wieder zum einjährigen Rhythmus zurückzukehren.

 

Nun aber zum vorliegenden Haushalt und damit zunächst zum Ergebnishaushalt, der in den Jahren 2023 mit einem Minus von 14,9 Mio. Euro und im Jahr 2024 mit einem Minus von 16,1 Mio Euro abschließen soll.

Das hört sich nicht gut an und wird auch nicht besser durch den erhöhten Ansatz bei den Haupteinnahmen, nämlich der Gewerbesteuer, die für die kommenden zwei Jahre auf je rund 43 Mio. Euro geschätzt wird.

Was ist aber dran, an diesen Ergebnissen. Entsprechen sie der Realität? Das wüssten wir alle, einschließlich der Stadtverwaltung nur zu gerne. Da wir aber nun leider über keine in die Zukunft schauende Glaskugel verfügen und auch angesichts diverser globaler Krisen mit Unvorhersehbarem, ja Unvorstellbarem rechnen müssen – wer hätte schon vor einem Jahr an einen Krieg in mitten Europas gedacht – bleibt uns nichts anderes übrig, als den Blick zunächst auf vergangene Jahre zurückzuwerfen. Und hier fällt auf: beim Vergleich der tatsächlichen Rechnungsergebnisse mit den Haushaltsplanungen resultieren zum Teil erhebliche Abweichungen. Für das Jahr 2021 rechnete der Kämmerer mit einem satten Minus von 16,6 Mio. Euro im Ergebnishaushalt. Stattdessen weist aber das Rechnungsergebnis am Ende ein Plus von 9,1 Mio. Euro aus. Eine Abweichung um 25 Mio. Euro. Wäre die Stadt ein Wirtschaftsunternehmen, müssten wir unseren Aktionären und Anlegern hierzu Rede und Antwort stehen. Und es wäre ein Grund, das Vertrauen in unsere Seriosität und Berechenbarkeit zu verlieren.

Wie kann das aber sein?

Zum einen fielen die Gewerbesteuereinnahmen statt mit geplanten 34 Mio. Euro mit nun 38,6 Mio. Euro um knapp 5 Mio. Euro höher aus als erwartet. Der Mittelabfluss für Investitionen hielt sich in Grenzen, aus Grundstücksverkäufen resultierten weitere 10 Mio. Euro plus und die Personalkosten blieben aufgrund unbesetzter Stellen fast 2 Mio. Euro unter dem Ansatz.

Wie wird das aber nun in den kommenden 2 Haushaltsjahren werden? Geht es mit der Gewerbesteuer weiter so nach oben – oder schlägt die Wirtschafts- und Energiekrise zu und wir sinken auf 20 Mio.? Werden geplante Personalkosten stagnieren, weil wir weiter keine Fachkräfte finden? Bricht unser Rechnungsergebnis ein und geht wirklich ins Minus, weil wir unsere liquiden Mittel komplett verbrauchen, weil Baukosten explodieren oder fließen die Mittel nicht ab, weil wir uns mit der Vielzahl der Projekte übernehmen und ständig neue, unvorhergesehene Aufgaben – Stichwort: Flüchtlingsunterbringung – von eigentlich geplanten Investitionen ablenken? Wir wissen es einfach nicht. Und deshalb ist Haushaltsplanung heutzutage so schwierig, ja fast unmöglich.

Wir als Gemeinderätinnen und -räte wollen aber möglichst nah an der Wahrheit informiert sein. Wir müssen hier besser werden. Dies sind wir den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmen und Gewerbetreibenden, den Steuerzahlerinnen und -zahlern schuldig. Deshalb beantragen wir die Einrichtung einer Haushaltskontrollgruppe. Dieses Gremium sollte vierteljährlich zusammen treten um aktuelle Entwicklungen im Hinblick auf den Haushalt zu beraten, notwendige Anpassungen rechtzeitig vorzunehmen und die Informationen an die Fraktionen weiter zu tragen. Hier sollte auch über den Liquiditätsstand berichtet werden. Eine Begründung der Grünen für den Doppelhaushalt war ja auch, dass man Kredite aufnehmen, also gezielt Schulden machen sollte, um später durch niedrige Zinsen Gewinne zu erzielen. Die aktuelle Zinsentwicklung zeigt jedoch, wie schnell sich hier etwas ändern kann. Und wir sind froh, dass wir unserer Linie treu geblieben sind: keine Schulden nur um der Finanzierung wegen! Ohne konkrete Projekte, ohne Investitionsvorhaben, sollten wir keine Schulden machen.

 

Meine Damen und Herren, es kann nicht darüber hinweg gegangen werden, dass die Stadt Leinfelden-Echterdingen ein strukturelles Haushaltsproblem hat. Aus eigenen Mitteln, so stellt der Kämmerer auch in diesem Jahr zum wiederholten Male fest, ist die Stadt nicht in der Lage, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Und bei der Durchführung aller geplanten Investitionsmaßnahmen wird der Gang in die Verschuldung früher oder später unausweichlich. Der Kämmerer spricht von einem Ausgabenproblem. Der Oberbürgermeister spricht zusätzlich vom Einnahmenproblem. Was das heißt, darauf möchte ich später eingehen.

Zunächst zur Ausgabenseite.

Wie könnte man hier etwas verbessern?

Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten: einerseits könnte man sparen, also weniger ausgeben. Das hieße Ausgaben zu reduzieren, Investitionen zu streichen. Oder aber man versucht die Einnahmenseite zu verbessern. Durch z.B. höhere Steuereinnahmen. Oder man versucht beides gleichzeitig – auch ein vielversprechender Ansatz.

Fest steht eines: unsere Stadt lebt deutlich über ihre Verhältnisse.

Und wir wären nicht die Freien Wähler, wenn wir hier keine Kritik üben würden. Zu unserem ureigensten Portfolio zählt nun einmal die Kontrolle der Ausgabenseite. Und hier fällt – wie bereits in den Jahren zuvor – besonders der Posten der Personalausgaben auf:

Vor zehn Jahren, im Jahr 2012 lagen die Personalausgaben noch bei 21,4 Mio. Euro. Für 2023 planen wir mit 42,7 Mio. Euro. In zehn Jahren steigern wir also diesen Posten um über 100 Prozent! Und wir planen munter weiter mit jährlichen Steigerungsraten von 1,5 Mio. Euro. Die Steuereinnahmen wachsen allerdings nicht in gleicher Geschwindigkeit mit. Im Gegenteil – hier ist eher eine Stagnation – zwar noch auf hohem Niveau zu sehen. Schon allein deshalb, muss unser Haushalt in Schieflage geraten. Wir nähern uns beim Anteil für die Personalausgaben der 30 Prozent Marke, obwohl wir vor Jahren schon beantragt hatten, dass die Personalausgaben nicht mehr als ein Viertel der Einnahmen betragen sollten. Wohin soll das führen? Wenn wir nicht mehr Steuereinnahmen generieren, können wir uns das Personalbudget in dieser Höhe mit seinen kontinuierlichen, unaufhaltsamen Steigerungen einfach nicht mehr leisten. Und was soll erst passieren, wenn die Gewerbesteuern sinken, weil unsere Betriebe in eine Wirtschaftskrise geraten? Ich bin es leid, jedes Jahr erneut hier den mahnenden Zeigefinger erheben zu müssen. Und jedes Jahr erneut zu hören: wir können zwei Drittel der Ausgaben nicht beeinflussen. Und doch genehmigen wir wie wild neue Stellen und sehen einzig und allein in der Schaffung neuer Stellen das Heil für unsere Probleme. Brauchen wir einen Schulneubau, benötigen wir neue Architekten, brauchen wir verbesserte Mobilität, benötigen wir eine komplett neue Mobilitätsabteilung, brauchen wir mehr Digitalisierung, benötigen wir Digitalisierungsexpertinnen, brauchen wir mehr Kinderbetreuung, benötigen wir mehr Erzieherinnen, und, und, und! Die Liste ließe sich ewig so fortführen. An keiner Stelle jedoch sparen wir Personal ein! Meine Damen und Herren, nennen sie mir ein Unternehmen in der freien Wirtschaft, das so wirtschaftet. Sie werden es nicht finden. Denn so geht es nicht. Wir können nicht die ständig neuen Aufgaben an immer neues Personal knüpfen. Das ist nicht nachhaltig. Und natürlich resultiert daraus der vielbeschworene Gang in die Verschuldung. Letztendlich ist dies eine kommunale Bankrotterklärung. Dort wollen wir aber nicht hin – wir wollen nicht zwangsverwaltet werden, wie es beispielsweise der Stadt Esslingen droht. Wir müssen das Ruder herumreißen. Wir Freien Wähler-FDP sind der Meinung, dass es ohne eine rigide Sparpolitik auch im Bereich der Personalkosten als größtem Ausgabenpunkt nicht geht. Deshalb beantragen wir, keine neuen Stellen im Haushaltsjahr 2024. Während des Doppelhaushaltes beantragen wir, mit den im Stellenplan beschlossenen Stellen auszukommen, wenigstens während des Zweijahreszeitraums keine neuen Stellen zu schaffen.

An dieser Stelle sei mir eine Bemerkung erlaubt: in keinem anderen Bereich der Verwaltung haben wir in den letzten zehn Jahren mehr Stellen geschaffen als im Bereich der Kinderbetreuung. Ich werde Ihnen die genauen Zahlen hierzu nicht nennen – aber allein die Investitionen in Gebäude und Personal belaufen sich auf eine Summe von über 20 Millionen, ohne die dauernden Folgekosten eingerechnet. Wir verstehen die vehementen Forderungen von einem bestimmten Teil der Elternschaft, die sich einen verstärkten weiteren Ausbau der Kinderbetreuung wünschen. Hierzu kann ich Ihnen versichern, dass unsere Fraktion in der Vergangenheit und auch zukünftig jeder sinnvollen Maßnahme zur Verbesserung der Betreuungssituation zustimmen wird. Was wir jedoch nicht akzeptieren – und dies möchte ich heute Abend sehr deutlich sagen: wir lassen uns nicht für die aktuelle Personalknappheit und den daraus resultierenden eingeschränkten Öffnungszeiten und Wartelisten verantwortlich machen. Diese Entwicklung bedauern wir genauso wie die betroffenen Eltern und nehmen die Schicksale und erschwerten Bedingungen sehr ernst. Der Gemeinderat und gerade auch unsere Fraktion schafft immer wieder die notwendigen Rahmenbedingungen und stellt durch eine Setzung der entsprechenden Schwerpunkte die notwendigen Finanzmittel aus Steuergeldern dafür bereit. Wie erfolgreich allerdings die Suche nach Personal abläuft und wie die tatsächliche Umsetzung erfolgt, können wir als ehrenamtlich tätige Menschen wenig beeinflussen. Unsere Verantwortung nehmen wir durch Beschlüsse in den Gremien wahr – die Ausgestaltung ist Sache der laufenden Verwaltung und der Bürgermeister. Hinter diesem Satz verstecken wir uns freilich nicht – wie einige Eltern glauben. Nicht umsonst verwenden wir in den Sitzungen derzeit die meiste Zeit auf die Behebung dieser Problematik. Nicht umsonst hat die Verwaltung zahlreiche Verbessrungsvorschläge gemacht. Und nicht umsonst bringen wir unsere Ideen mit neuen Anträgen ein. Und so möchte ich heute Abend beantragen, wie im letzten VKS bereits angeklungen, dass unter den Betreuungskräften umgehend eine Mitarbeiterbefragung zu den aktuellen Arbeitsbedingungen durchzuführen ist. Wir beantragen außerdem die Personalgewinnung durch die Beauftragung einer externen Agentur zu professionalisieren und weiter zu verbessern.

 

Natürlich brauchen wir aber auch die Verbesserung der Einnahmenseite. Wir alle wissen aber, dass wir mit unserem hohen Gewerbesteuerhebesatz bereits heute unsere Unternehmen erheblich belasten. Weitere kurzfristige Steuerhöhungen nicht möglich sind. Wir brauchen also stattdessen Maßnahmen, die unsere Unternehmen nachhaltig an unseren Standort binden und ihnen und neuen Unternehmen Investitionsmöglichkeiten bieten und optimale Rahmenbedingungen für deren Entwicklung schaffen. Suchen wir allerdings im Haushalt noch Posten, die unseren Unternehmen etwas bringen, werden wir kaum fündig.

Um hier tätig zu werden, beantragen wir deshalb die zügige Umsetzung eines Grundsatzbeschlusses für das neue Gewerbegebiet in den „Rötlesäckern“ noch in 2023. Gleichzeitig dürfen wir aber auch nicht weiter zusehen wie die Bedingungen für die Entwicklung unserer Bestandsunternehmen immer schwieriger werden. Gewerbegebiete und auch der Ausbau von neuen Wohngebieten können und dürfen nicht ohne nachhaltige Verkehrsplanung bleiben. Wir brauchen in unserer Stadt endlich einen verkehrspolitischen Befreiungsschlag. Die Zufahrt zu den Gewerbegebieten in Leinfelden ist ohne eine vollständige Osttangente nicht möglich. Hier zählt für uns nur die vollständige Lösung und nicht eine U-förmige Verbindung zweier Sackgassen. Und selbstverständlich muss aus der Planung für den südlichen und letzten Teil der Nord-Süd-Straße im Sommer ein Grundsatzbeschluss werden. Nur dann, sind unsere Unternehmen zukünftig vernünftig anfahrbar. Der Verkehr muss außerdem dringend endlich aus den Ortskernen heraus- gebracht werden. Und letztlich nur dann wird auch die Verlängerung der U5 bis Echterdingen wieder möglich sein. Denn die Trassenführung ist untrennbar mit dem Bau der Nord-Süd-Straße und dem Aufgeben der heuten Max-Lang-Straße auf der ehemaligen Straßenbahnlinie 6 möglich.  Lassen Sie uns hier endlich etwas bewegen und für Wirtschaft und Bürgerschaft gleichzeitig etwas Positives erreichen.

Und lassen Sie mich auch etwas zur aktuellen Verkehrssituation für Radfahrende sagen: der Umstieg aufs Fahrrad und hin zum klimaneutralen Fortbewegen wird von uns ohne Wenn und Aber mitgetragen. Die Verbesserung der Mobilität muss natürlich alle Verkehrsarten berücksichtigen und gerade in einer engen Stadt wie der unsrigen besonders die schwächsten Verkehrsteilnehmer schützen. Das sind die Radfahrer und aber auch die Fußgänger. Gerade der Bereich um die Burgstraße und den Kirchplatz kann deshalb keine Fahrradschnellverbindung sein. In diesem Bereich mit Kopfsteinpflaster müssen die Fußgänger besonders geschützt werden. Radfahrende müssen hier nicht absteigen, aber langsam fahren, um Gefahren für Fußgänger zu minimieren. Durch konsequente Ausweisung des Durchgangsverkehrs und der LKWs aus der Hauptstraße wie sie durch eine durchgehende Nord-Süd-Straße erst möglich wird, können wir die gewünschte Radschnellverbindung dann über die Hauptstraße führen – wir beantragen die Verwaltung dies zu prüfen.

Ebenso wünschen wir uns, dass mit gleicher Intensität wie für den Radverkehr auch ein Konzept für den Fußverkehr erstellt wird. Wir brauchen endlich auch eine fußgängerfreundliche Stadt.

Und noch ein Wort zum geplanten Pendelbus auf der Straßenbahntrasse: wir befürworten diesen nur, wenn mit der SSB zweifelsfrei geklärt werden kann, dass dies nicht das endgültige Aus der U5 bis Echterdingen bedeutet. Statt nach Alternativen für die U5 bis Echterdingen zu suchen und diese damit als Utopie und unerreichbares Hirngespinst erscheinen zu lassen, sollten wir gemeinsam mit Landkreis, Stadt Stuttgart und der SSB nach Lösungen suchen, die vielleicht, wenn man Herrn Moser beim Mobilitätstag genau zugehört hat, in gar nicht so unerreichbarer Ferne liegen.

 

Zum Schluss möchte ich noch einmal auf die Investitionsliste kommen, die aus unserer Sicht unvollständig und lückenhaft ist. Hier beantragen wir eine überarbeitete und an realen Zielen ausgerichtete Liste mit Zeithorizonten vorzulegen.

Auch beantragen wir weiter ab sofort eine Summe von 10 Mio. Euro pro Jahr in die Investitionsliste für unvorhergesehene, ungeplante Investitionen aufzunehmen.

Warum?

Im kommenden Jahr werden für die Flüchtlingsunterbringung in unserer Stadt auf dem sogenannten Renault-Gelände an der Leinfelder Straße knapp 13 Mio. Euro für das Errichten einer Wohncontainersiedlung notwendig. Zusätzlich ist mit mindestens 1,8 Mio. Euro jährlicher Betriebs- und Verbrauchskosten zu rechnen. Diese Investition – falls wie sie so überhaupt nennen dürfen – findet sich gar nicht in der Investitionsliste. Daher bitten wir die Verwaltung um Aufklärung.

Auch erscheint uns auch unerklärlich, dass die Sanierung des städtischen Wohngebäudes in der „Stöckwiesenstraße“ unter Punkt 7 der Investitionsliste noch mit fast 2 Mio. Euro über beide Haushaltsjahre auftaucht – und das obwohl uns erklärt wurde, dass die Sanierung nicht stattfinden kann, bis die Container auf dem Renault-Gelände errichtet sind.

Ebenso irritiert uns die Einstellung von 10 Mio. Euro für den Neubau des Hallenbads in Leinfelden, obwohl auch hier die Investition als zurückgestellt auf 2025 betrachtet wurde. Wir bitten deshalb um Aufklärung, welche Investition wann nun tatsächlich stattfinden kann und somit um eine Aktualisierung der Liste.

Bei seiner Einbringung sprach der Kämmerer zwar davon, dass man mehr als in vorangegangen Jahren auf die Vermeidung hoher Haushaltsreste am Jahresende geachtet hätte und man deshalb den Mittelabfluss knapp kalkuliert hätte und dass es bei schnellerem Voranschreiten der Maßnahmen zu überplanmäßigen Ausgaben kommen könne. Ehrlich gesagt, daran glauben wir nicht!

Aber um eines möchten wir die Verwaltung noch bitten und beantragen dies: Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben sind bekanntlich gemäß § 84 Gemeindeordnung nur zulässig, wenn ein dringendes Bedürfnis besteht und die Finanzierung gewährleistet ist. Gerade im Hinblick auf die Flüchtlingsunterbringung bitten wir die Verwaltung darum aufzuzeigen wie deren Finanzierung gewährleistet sein kann. Denn wir wollen eines vermeiden: ein Abweichen vom geplanten Investitionsprogramm zugunsten unvorhergesehener Ausgaben.

 

Meine Damen und Herren, noch steht unsere Kommune mit soliden Finanzen da und kann die meisten Pflichtaufgaben stemmen. Auch wenn an manchen Stellen Probleme auftreten. Bedürfnisse und Wünsche werden in den nächsten Jahren sicherlich einen Dämpfer bekommen. Alle Einnahmen, alles Geld, dass wir ausgeben und für das Forderungen aus der Bürgerschaft laut werden, erfordern Einnahmen. Städte wie unsere müssen dies über Steuereinnahmen bewerkstelligen. Unser Gemeinwesen und alles was wir uns in der Kommune leisten können, tragen wir letztendlich alle gemeinsam. Niemand kann und wird sich hier ausnehmen können. Deshalb ist es abschließend auch sicher richtig am Ende einmal über Ansprüche und hoch geschraubte Forderungen kritisch nachzudenken. Nicht alles was wir uns wünschen, kann und wird der Staat und seine Kommunen für seine Bürgerinnen und Bürger leisten können. Hier sind wir alle selbst gefordert.

Gefordert bleiben wir als Gemeinderat aber auch was unsere Sitzungsökonomie anbelangt. Gerade im Hinblick auf vergangene sehr lange Gremiensitzungen beantragen wir die Zahl der Wortbeiträge pro Thema auf maximal zwei pro Fraktion zu begrenzen. Und weiter beantragen wir, Tagesordnungspunkte mit externen Gästen und Referenten grundsätzlich an den Anfang der Sitzungsagenda zu stellen, um diese nicht unnötig lange warten zu lassen.

 

In diesem Sinne hoffe ich, dass ich den zeitlichen Rahmen heute Abend nicht allzu sehr überreizt habe und bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. Im Namen unserer Fraktion Freie Wähler/FDP danke ich ferner allen in der Verwaltung, die an der Erstellung dieses Haushaltes mitgewirkt haben und die Bearbeitung unserer Anträge übernehmen werden.

Wie gewohnt füge ich die Liste unserer Anträge als Anhang meiner Haushaltsrede am Ende hinzu und spare mir aus zeitlichen Gründen das Vorlesen.

 

 

Anträge der Fraktion Freie Wähler / FDP:

 

  • Abschaffung des Doppelhaushaltes ab 2025 und Rückkehr zum einjährigen Haushalt

 

  • Einrichtung einer gemeinderätlichen Haushaltskontrollgruppe (pro Fraktion 1 Vertreter) mit vierteljährlichem Tagungsrhythmus; hierbei Informationen zum aktuellen Haushaltsgeschehen, Steueraufkommen und Liquiditätsstand

 

  • Ohne konkrete Projekte, ohne Investitionsvorhaben, keine Kreditaufnahme

 

  • Keine neuen Stellenschaffungen im Haushaltsjahr 2024 – aktueller Stellenplan bleibt unverändert – keine unterjährige Schaffung neue Stellen in der aktuellen Haushaltsperiode

 

  • Unter den Betreuungskräften ist umgehend eine Mitarbeiterbefragung zu den aktuellen Arbeitsbedingungen durchzuführen. Wir beantragen außerdem die Personalgewinnung durch die Beauftragung einer externen Agentur zu professionalisieren und weiter zu verbessern.

 

  • Fassung eines gemeinderätlichen Grundsatzbeschlusses zum neuen Gewerbegebiet Rötlesäcker vor Sommerpause 2023

 

  • Fassung eines gemeinderätlichen Grundsatzbeschlusses zur Verwirklichung der vollständigen Osttangente (1.+2. BA) und der gesamten Nord-Süd-Straße (auch südlicher Teil bis Tübinger Straße) bis Sommerpause 2023

 

  • Prüfung einer Radschnellverbindung auf der Hauptstraße durch Ausweisung des Durchgangsverkehrs und der LKWs durch durchgehende Nord-Süd-Straße

 

  • Erstellung eines Konzepts für den Fußverkehr analog Radverkehrskonzeption. Ziel: Fußgängerfreundliche Stadt.

 

  • Projekt Pendelbus nur weiterverfolgen, wenn SSB in Gesprächen (diese zeitnah führen!) signalisiert, dass dadurch kein „AUS“ der U5-Verlängerung bis Echterdingen droht – Bericht im GR darüber

 

  • Gespräche mit SSB, Stadt Stuttgart und Landkreis Esslingen führen wegen Weiterbau U5 bis Echterdingen und Information zur Planung und Zeitablauf an Gemeinderat im Hinblick auf Moser-Aussage: „bis Ende 2030 soll U5 nach Echterdingen fahren“

 

  • Einstellung einer jährlichen Summe von 10 Mio. Euro für unvorhergesehene Investitionsprojekte in Investitionsliste für z.B. Flüchtlingsunterbringung, Katstrophenschutz, Energiesicherung, u.a.

 

  • Erstellung einer überarbeiteten Investitionsliste mit konkreten Angaben welche Projekte in 2023/24 tatsächlich angegangen werden und Angaben der zeitlichen Horizonte für die Investitionen.

 

  • Aufklärung an Gemeinderat ob Sanierung Stöckwiesenstraße noch in 2023-2024 erfolgen kann oder wenn nicht, Streichung von Investitionsliste

 

  • Hallenbad Leinfelden: Erstellung Zeitplan und Ablauf – Auskunft an Gemeinderat, wann mit der Investition tatsächlich begonnen werden kann; wenn nicht in 2023-2024 dann Streichung von Investitionsliste

 

  • Aufzeigen wie Flüchtlingsunterbringung (Containerstandort Renaultgelände) finanziell gewährleistet wird mit Angabe der finanziellen Deckung und evtl. dadurch entfallender Projekte – Information hierzu an Gemeinderat