Neue Wohngebiete nicht ohne Verkehr denken

Es ist losgegangen: die Verlängerung der Stadtbahnlinie U5 bis zur neuen Endhaltestelle in den Schelmenäckern wird seit dieser Woche gebaut. Ein zähes Ringen um 660 Meter mehr in Richtung Leinfeldens Zentrum und auch in Richtung Echterdingen wird endlich in Angriff genommen.

Unsere Fraktion Freie Wähler/FDP fordert seit Jahrzehnten den Wiederausbau der Stadtbahn bis Echterdingen/Hinterhof.

Zwar ist das neue Teilstück natürlich wieder nur ein kleiner Anfang – aber ein wichtiger. Auch auf Seiten der SSB erkennt man, dass unsere Verkehrsinfrastruktur und die Wende hin zu mehr Klimaneutralität nicht ohne die Schiene gelingen kann. Und was läge da näher, als stillgelegte, noch vorhandene Trassen zu reaktivieren? Brückenbauwerke, Tiefbau, z. T. sogar Haltestellen sind weitgehend noch vorhanden! Zum Glück haben wir die Trasse nicht völlig überbaut.

Natürlich muss eine Lösung für die Unterfahrung der Leinfelder Straße gefunden werden. Wir wissen, dass sich die Grünen damit schwer tun. Aber warum? Da wo sich heute Autos und Lastwagen bewegen, ist eigentlich die Trasse der Stadtbahn gewesen. Bis 1990. Man erkennt den behelfsmäßigen Ausbau noch immer an der viel zu schmalen Abfahrt von der Brücke nach rechts herunter auf die Straße. Eine Rampe wurde dort einfach angesetzt und richtig abbiegen kann man auf der schmalen Spur eigentlich nicht. Warum verschieben wir also nicht diese Straße nach Süden, binden sie dort an die Leinfelder Straße an und verbinden die Stichstraßen mit der sogenannten Osttangente bis zur Autobahn? Das hätte viele Vorteile! Erstens wäre dann die jetzige Straße als Trasse für die Stadtbahn frei. Zweitens erschließen wir das neue Wohngebiet und die vorhandenen Industriegebiete viel besser. Und drittens könnten wir endlich den überregionalen Verkehr aus den Ortszentren von Leinfelden und Echterdingen herausbringen. Wenn wir dann noch die südliche Anbindung schaffen, so erhält auch das zukünftige Gebiet “KäpseLE” in den Goldäckern eine vernünftige Verkehrsanbindung!

Alles Wahnsinn? Straßenbau im Jahr 2022? Unvorstellbar?

Aber Wohngebiete bauen für tausende von neuen Bewohnern, ohne Straße, ohne Schiene nur mit Fahrrad (nebenbei bemerkt, wird noch nichtmal ein neuer Radweg im “KäpseLE” mitgeplant, was wir moniert haben !) – wo soll das hinführen?

Wir sind deshalb Herrn Oberbürgermeister Klenk für seine Aussage bei der Verkehrsklausurtagung des Gemeinderats sehr dankbar: “Kein neues Gebiet, kein neues Projekt dürfen wir mehr ohne die Verkehrsfragen denken!”

Die Grünen sagen, wir hätten kein Verkehrsproblem, sondern ein Klimaproblem. Wer allerdings den wieder anfahrenden Individualverkehr genau beobachtet, wird eines besseren belehrt. Und eines ist klar: auch Elektroautos brauchen Straßen! Auch sie lösen sich nicht in Luft auf. Nicht jeder kann oder will auf den ÖPNV umsteigen. Gerade ältere Menschen sind oft auf das Auto angewiesen, wenn sie zum Arzt müssen oder zum Einkaufen.

Was wir brauchen, sind keine Ablehnung von Verkehrsprojekten, sondern gute, tragfähige Kompromisse. Eine Stadtbahnverlängerung und eine neue Erschließungsstraße für zwei sehr große, neue Wohngebiete sind für uns unerlässlich und miteinander verknüpft. Machen wir uns endlich ehrlich: Wer die Stadtbahn wirklich will, kann nicht gegen die Nord-Süd-Straße sein.