Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2025/26

Haushaltsrede Fraktion Freie Wähler/FDP – Dr. Eberhard Wächter, Fraktionsvorsitzender

Leinfelden-Echterdingen, 26. November 2024 – zum Doppelhaushalt 2025/2026

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Ruppaner, sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Dihm, sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Kalbfell, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, liebe Mitglieder des Jugendgemeinderates, werte Pressevertreter, meine sehr geehrten Damen und Herren,

der vorliegende Doppelhaushalt 2025/2026 stellt eine massive Zäsur dar! War es bisher so, dass stets positive Ergebnisse erwirtschaftet wurden und die Stadt ein beträchtliches Maß an liquiden Mitteln aufbauen konnte, so dreht sich nun die Situation komplett herum: erstmals droht der Stadt Leinfelden-Echterdingen ein massiver Gang in die Verschuldung! Beläuft sich unsere Liquidität derzeit noch auf etwa 60 Millionen Euro, so werden diese Mittel bereits Mitte des Jahres 2025 aufgebraucht sein und am Ende des Zweijahreszeitraums sitzen wir auf einem Schuldenberg von 78 Millionen Euro, der uns im Jahr 2025 bereits 600.000 Euro, in 2027 schon 1,7 Mio. Euro und und in 2030 gar 4,2 Mio. Euro Zinsen kosten wird. Wohlgemerkt – nur Zinsen – ohne Aussicht auf Tilgung!

Meine Damen und Herren: dieser Haushalt liest sich wie ein Schreckensszenario! Und ich muss ehrlich zugeben: im reichen, gut situierten Leinfelden-Echterdingen hielt ich, hielt auch unsere Fraktion Freie Wähler/FDP solch einen Finanzeinbruch nahezu für unmöglich.

Und weil dies über die letzten 10 bis 20 Jahre nie so war, haben wir auch nie im Gemeinderat die richtigen Weichen gestellt, sondern stets mit großzügigen Gesten fast alles mitgetragen, was die Verwaltung für notwendig und richtig erachtet hat und uns zu großen Teilen auch von Bund und Land auferlegt wurde. Obwohl es ja Warnungen und Vorzeichen gab, die nicht zu übersehen waren. Ich will mich da gar nicht ausnehmen. Auch wir Freien Wähler/FDP-Gemeinderäte haben über die letzten Jahre Entscheidungen mitgetragen beispielsweise zu Personalentwicklungen und Investitionen, die uns von der Verwaltung auch oft als absolut notwendig dargestellt wurden.

Nun müssen wir uns fragen: sind wir noch auf dem richtigen Weg?

Machen wir weiter wie bisher? Oder ziehen wir Konsequenzen aus dem vorliegenden Haushaltsplan und ändern etwas?

Reißen wir das Ruder jetzt herum? Steuern wir gegen oder fahren wir weiter volle Kraft voraus, wohl wissend, dass unser Schiff bereits Leck geschlagen ist, die Maschine stottert und wir drohen unterzugehen?

Denn, um im Bild zu bleiben, wir wissen ja nicht, welche Stürme noch auf uns zukommen werden. Wird der wirtschaftliche Einbruch vielleicht noch schlimmer? Droht gar ein weiteres Absinken der Gewerbesteuer unter die von unserem Kämmerer optimistisch angesetzten Werte von 65 Mio. Euro? Was wird dann, wenn wir jetzt nicht die Ausgaben massiv herunterfahren? Wenn wir auf den Fixkosten sitzenbleiben und die Steuereinnahmen wegbrechen, müssen wir noch mehr Schulden machen. Ist das die Lösung des Problems, meine Damen und Herren? Müssen wir noch mehr Abgaben, gesetzliche Auflagen und Umlagen befürchten, die uns jetzt schon über Gebühr belasten und allein bei der Kreisumlage einen Anstieg von über 11 Mio. Euro ausmachen – und im Wesentlichen auf Transferaufwendungen und Sozialabgaben wie beispielsweise Pflichtausgaben für Kinderbetreuung und Flüchtlingsunterbringung beruhen.

Obwohl der Kämmerer seit Jahren mahnt, dass der Haushalt – ich zitiere – „strukturell nicht in der Lage ist, die erforderlichen Mittel zu erwirtschaften!“ (Zitat Ende), sehen wir trotz der durchaus anerkennenswerten Bemühungen und Anstrengungen der Verwaltung, das Defizit zu verringern, im gesamten fast 900 Seiten starken Werk des Doppelhaushaltes dennoch aus unserer Sicht zu wenig Ansätze, strukturell tatsächlich etwas zu ändern. Und dabei ist dieser Satz, dieses Zitat des Kämmerers gar nicht neu. Man kann es mindestens in den letzten 5 zurückliegenden Haushalten immer wieder lesen.

Die Antwort allerdings, die wir im aktuellen Haushalt auf diese Frage dann lesen ist: eine Kreditermächtigung für 2025 von 43,2 Mio und 35,4 Mio Euro in 2026.

Das bedeutet, dass 90 Prozent unserer Investitionsvorhaben nur noch kreditfinanziert zu bewältigen sind.

Wie aber, meine Damen und Herren, sieht es eigentlich mit der Tilgung dieser enorm hohen Kredite aus? Von den Zinsen habe ich ja bereits gesprochen – aber wie wollen wir das Geld zurückzahlen? Wo erwirtschaften wir Gewinne, die es uns ermöglichen die Schulden zurückzuzahlen?

Antwort: es gibt keine! Richtig: keine Aussicht auf Rückzahlung! Es findet sich nicht ein Posten dazu im Haushalt. Kann ja auch gar nicht, denn der Kämmerer hat es ja messerscharf mit seiner Analyse festgestellt: „der Haushalt ist strukturell nicht mal in der Lage, die laufenden Kosten zu erwirtschaften.“ Wie soll da noch ein Kredit zurückgezahlt werden?

An dieser Stelle möchte ich das Beispiel des redlichen oder solide wirtschaftenden Kaufmanns bemühen: wenn der etwas investieren möchte und dafür einen Kredit bei der Bank beantragt, muss er zunächst einmal seine Zahlen offenlegen. Er muss ein solides Geschäftsmodell vorweisen. Er muss mit der Bank einen Zins- und Tilgungsplan erarbeiten und letztendlich auch bedienen können. Und schließlich, und das gilt für jede Firma, egal ob klein oder groß, müssen gegenüber der Bank Sicherheiten geboten werden, die den Schuldner als kreditwürdig erscheinen lassen.

Wie sieht das bei unserer Stadt aus? Wir konnten hierzu keine Angaben finden. Dabei wäre es doch wohl auch nötig. Oder müssen öffentliche Haushalte nicht redlich und solide wirtschaften? Ist Schulden machen hier eigentlich ein legitimes Mittel, um den Haushalt auszugleichen? Ist eine dauerhafte Verschuldung mit steigender Zinsbelastung die Lösung für unsere Probleme? Die Antwort unserer Verwaltung auf der Klausurtagung am 9. November lautete klar: Nein.

Meine Damen und Herren, und auch wir meinen NEIN! „Auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen“, so heißt es! Wir wollen nicht auf kommende Generationen eine Belastung übertragen, nur weil es gerade so scheint, nicht umsteuern zu können.

Deshalb beantragen wir zunächst einmal, uns sauber darzulegen, wofür die Kredite aufgenommen werden sollen. Wir verlangen konkrete Angaben zur Höhe der Kredite und für welches Projekt sie verwendet werden sollen. Wir verlangen außerdem, unsere Befürchtungen auszuräumen, dass die Kredite pauschal verwendet werden, um strukturelle Defizite auszugleichen wie etwa für Personalausgaben oder Gebäudeunterhaltskosten. Einer solchen Praxis verweigern wir jegliche Zustimmung.

Und wir beantragen weiterhin einen klaren Zins- und Tilgungsplan.

Sollten wir dies nicht erhalten, so sehen wir uns leider gezwungen, dem aktuellen Haushalt unsere Zustimmung zu verweigern.

Wir halten es für unsere Pflicht, Schaden von den Bürgerinnen und Bürgern Leinfelden-Echterdingens abzuwenden. Bei einer Verschuldung von fast 80 Millionen in zwei Jahren sehen wir diese Gefahr aber leider ganz massiv.

Meine Damen und Herren, „Kreditfinanzierung ist ein Mittel, um vorübergehend der Regel zu entkommen: „Du kannst nicht mehr ausgeben als Du einnimmst“, sagte einst Manfred Rommel, und Benjamin Franklin schreibt: „wer sich in Schulden steckt, gibt anderen ein Recht über seine Freiheit.“

Oder etwas weniger pathetisch zitiere ich unseren Kämmerer: „oberstes Ziel muss es sein, auch in Zukunft das Heft des Handelns selbst in der Hand zu haben und nicht von finanziellen Zwängen getrieben zu sein und nur noch den Schuldendienst bedienen zu können.“

Wir bleiben unserem Grundsatz auch in diesem Haushalt, auch und gerade in dieser elementaren Krise treu: „Schulden machen gibt es mit uns nicht. Was für die Freien Wähler schon immer galt, das gilt auch für unsere gemeinsame Fraktion Freie Wähler-FDP. Denn wie der ehemalige Bundesfinanzminister Christian Lindner richtig sagte: „Zukunft kann besser mit gesparten Zinsen finanziert werden als mit neuen Schulden.“

So, nun könnte meine Haushaltsrede bereits beendet sein. Aber natürlich haben wir auch noch einige Vorschläge wie wir – wenigstens ansatzweise – strukturell etwas ändern können, um den Weg in die Verschuldung nicht einschlagen zu müssen.

Da wir auf absehbare Zeit die Einnahmenseite kaum verbessern können, weil, selbst wenn wir, was dringend nötig wäre, Gebühren und Abgaben den allgemeinen Preissteigerungen anpassen, wir unseren Unternehmen und Gewerbetreibenden in der aktuellen Wirtschaftskrise aber keinesfalls höhere Steuern zumuten können, müssen wir also etwas an der Ausgabenseite verändern.

Wir werden in diesem Haushalt keine Anträge stellen, die weitere finanzielle Belastungen nach sich ziehen. Den Ernst der Lage haben wir verstanden und auch den Inhalt Ihrer E-Mail vom 10. Oktober, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Ruppaner, in der Sie darum baten, allen finanzwirksamen Anträgen der Fraktionen Deckungsvorschläge beizufügen, obwohl dies, wie Sie selbst anmerken, gem. §22, Abs. 3 der Geschäftsordnung des Gemeinderates nicht vorgeschrieben ist.

Wenn wir uns nun allerdings auf diese Vorgabe einlassen, so erwarten wir aber auch von der Verwaltung Gleiches. Soll heißen: bei allen neuen Ausgaben, überplanmäßigem Mittelbedarf, vor allen Dingen aber bei der Schaffung neuer Stellen, erwarten wir ab sofort grundsätzlich einen Deckungsvorschlag unter Nennung der entsprechenden Streichung von bestehenden Aufgaben oder künftig wegfallenden Stellen aus dem Haushaltsplan. Schließlich sollte gerade die Verwaltung hier mit gutem Beispiel voran gehen. Wir beantragen dies hiermit. Und wir fordern auch ein massives Umdenken bei allen Ausgaben der jeweiligen Abteilungen. Warum, meine Damen und Herren, muss beispielsweise für die Begleitgruppe zur Fahrradteststraße in der Goldäckerstraße ein teures Büro aus Nordrhein-Westfalen die Moderation übernehmen, wo doch kompetente und sachkundige Menschen eingestellt wurden, Stellen dafür von uns bewilligt wurden und die Verwaltung durchaus mit eigenen Ressourcen eine Veranstaltung für eine Öffentlichkeit bestehend aus 3 Bürgern und 3 Gemeinderäten selbst moderieren könnte? Und warum, wird uns dann noch – nebenbei bemerkt – verboten, über das Format öffentlich zu berichten, obwohl durch die Einladung der Bürgerschaft die Öffentlichkeit seitens der Verwaltung längst hergestellt wurde? Und warum wird für die Exkursion nach Nagold ein Bus mit 80 Plätzen bestellt, der dann nur mit gut 10 Personen gefüllt ist? Diese Liste ließe sich, glaube ich, noch weiter fortsetzen!

Wichtig ist uns in der jetzigen Situation einmal mehr, eine kürzere Reaktionszeit und auch ein besseres Fahren auf Sicht. Wir sehen im aktuellen Haushalt, wie die Kämmerei auch betont, zahlreiche Posten, die mit großen Unsicherheiten belegt sind. Steuereinnahmen und Umlagen ändern sich mit rasanter und nie gekannter Geschwindigkeit. Die Planbarkeit des Haushalts wird zunehmend schwieriger. Schon beim letzten Haushalt benötigten wir nach einem Jahr einen Nachtrag. Wir beantragen deshalb wie schon vor zwei Jahren, vom Prinzip des Doppelhaushaltes wieder weg zu kommen und zur einjährigen Planung zurückzukehren. Viele Entwicklungen müssen wir zeitnaher steuern. Uns ist auch wichtig, dass die Bevölkerung und der Gemeinderat so zeitnah wie möglich informiert werden. Eine sinnvolle Reaktion ist nur mit aktuellen Zahlen möglich und vor allen Dingen: niemand sollte sich in vermeintlicher Ruhe und Sicherheit wiegen dürfen. Ein Haushalt im 2-Jahres-Rhythmus blendet die Probleme zeitweise aus. Erst der einjährige Rhythmus erfordert eine kontinuierliche Befassung mit dem Haushalt für alle Ämter, Gemeinderäte und Bürger. Wir wissen, dass das mehr Arbeit nach sich zieht, aber in dieser Lage brauchen wir eine möglichst engmaschige Kontrolle.

Wir wissen auch, dass viele Ausgaben kaum beeinflussbar sind, aber dennoch brauchen wir eine Art Kassensturz.  Welche Sozialausgaben haben wir? Wo gibt es möglicherweise Doppelstrukturen? Wo subventioniert unsere Stadt? Denn es ist ja so, der Landkreis erhält von uns eine sehr hohe Kreisumlage im zweistelligen Millionenbereich, die Sozialabgaben leistet er, aber letztlich finanziert hier die Kommune. Deshalb beantragen wir eine Übersicht, welche Sozialleistungen zusätzlich außerhalb dieser Umlage geleistet werden und vielleicht entfallen könnten.

Größter Ausgabeposten allerdings, meine Damen und Herren, sind wie in den Jahren zuvor auch schon, die Personalkosten. Diese steigen vom Jahr 2024 auf 2025 von 47 auf 50,5 Millionen Euro und in 2026 nochmals auf 51,3 Mio. Euro. Also eine nochmalige Steigerung um satte 8, bzw. insgesamt um fast 10 Prozent.

Damit nehmen die Personalkosten einen Anteil von 26,6 Prozent des Ergebnishaushaltes ein. Über ein Viertel aller Ausgaben bringen wir also allein für das Personal auf.

Waren die Steigerungen in den letzten Jahren auch schon zu sehen und glichen eher einer Gerade, so kann man jetzt von einem sprunghaften, ja fast exponentiellen Anstieg sprechen.

Noch von 2005 bis 2015 haben wir einen Anstieg über 10 Jahre um 10 Mio. Euro gesehen, während sich der Anstieg um 10 Millionen Euro  nun bereits von 2023 auf 2026 vollzieht und sich somit auf einen 3-Jahres-Zeitraum unfassbar beschleunigt hat.  Über 900 Menschen beschäftigt unsere Stadt und die im Stellenplan verzeichneten Stellen steigen von 640,14 in 2024  auf 678,62 in 2025. Da alle diese neuen Stellen unterjährig mit einzelnen Vorlagen geschaffen wurden, ist es natürlich wie in den Jahren zuvor auch schon nicht mehr möglich, an dieser Situation ad hoc etwas zu ändern. Aber für die Zukunft wiederhole ich auch hier unseren Antrag der letzten Haushaltsjahre: bitte keine unterjährige Schaffung neuer Stellen! Wir beantragen erneut, den Stellenplan nur am Anfang einer Haushaltsperiode einzubringen und nicht wie derzeit immer noch gängige Praxis, sich hinterher durch Zustimmung bereits beschlossene Stellen einfach nur absegnen zu lassen. Einer unterjährigen Stellenmehrung werden wir ohne entsprechenden Deckungsvorschlag, d.h. ohne Nennung, welche Stelle für eine neue Stelle wegfallen kann, nicht mehr zustimmen. Wir müssen unbedingt die Spirale der ständigen Personalkosten- und Stellenzahlsteigerungen durchbrechen. Auch in der Wirtschaft ist dies leider nicht anders. Wir müssen hier eine Reaktion zeigen. Die Zeiten sind eben leider nicht mehr so, dass wir uns für jede neue Aufgabe eine neue Stelle leisten können.

Zusätzlich beantragen wir für Kosten der Beschäftigtenparkausweise nicht mehr aufzukommen. Im Zuge der verstärkten Nutzung des ÖPNV sollte nur ein Fahrtkostenzuschuss oder das Dienstradleasing  finanziell unterstützt werden.

Ein weiterer Vorschlag unserer Fraktion ist, bei ausscheidenden Mitarbeitern durch Ruhestand oder Altersteilzeit etc., die frei werdende Stelle zunächst nicht wiederzubesetzen, sie also mit einem sogenannten „kw“-Vermerk zu versehen. Wir beantragen dies zumindest für die nächsten zwei Jahre. Dabei sollte bei jedem altersbedingtem Ausscheiden dem Gemeinderat dargelegt werden, ob die Stelle zukünftig entfallen kann. Denn oftmals verändern sich ja auch die Aufgaben und manche Tätigkeitsfelder wurden durch Umstrukturierungen bereits an anderer Stelle übernommen oder können ganz entfallen. Es gilt auch zu vermeiden, Doppelstrukturen zu unterhalten.  Auch hierzu beantragen wir eine Vorschlagsliste, wo sich Aufgaben geändert haben und wo durch Umstrukturierungen Stellen eingespart werden können. Ich weiß, nun wird vielleicht ein Aufschrei durch Verwaltung und Fraktionen gehen, nach dem Motto „wie kann er nur?“ – aber, meine Damen und Herren, wo sollen wir eigentlich anfangen zu sparen? Natürlich ist das schmerzlich, das ist uns bewußt – aber manche Aufgabe können wir uns einfach nicht mehr leisten. Und dann wird das eben auch spürbar werden. Wenn wir als Kommune jede Aufgabe kritiklos erledigen und dem Gesetzgeber in Bund und Land nicht einmal signalisieren, dass wir nicht mehr alles leisten können, dass unsere Mittel erschöpft sind, wird sich nie etwas ändern. Wir haben also nur zwei Möglichkeiten. Entweder der Gesetzgeber verbessert die Finanzausstattung der Kommune so, dass wir die von ihm uns übertragenen Aufgaben leisten können oder wir stellen uns quer und leisten eben nicht mehr alles. Auch auf die Gefahr hin, dass wir vielleicht verklagt werden könnten.

Wir wissen natürlich, dass viele Stellen und Aufgaben den Kommunen durch gesetzliche Zwänge des Landes, Landkreises und Bundes aufgezwungen sind. Und auch wir beklagen wie die Verwaltung, dass all diese Aufgaben, zu denen beispielsweise zu größten Teilen die Flüchtlingsunterbringung und Kinderbetreuung gehören, keine oder kaum finanzielle Unterstützung von Bund und Land geleistet wird. Stattdessen lässt man die Kommunen allein und überlässt ihnen die Finanzierung. Das ist natürlich ein unhaltbarer Zustand. Da wir aber diese gesetzlichen Auflagen erfüllen müssen, müssen an anderer Stelle eben die Kosten dafür eingespart werden. Und wir halten es für besser, den Bürger dann auch spüren zu lassen, dass die Kommune eben nicht mehr für alles Geld übrig hat. Freiwilligkeitsleistungen müssen in der aktuellen Situation hinter gesetzlichen Aufgaben zurückstehen. Schulen, Kindergärten und Flüchtlingsunterbringung sind gesetzliche Aufgaben – da können wir nicht raus. Aber bei freiwilligen Leistungen wird sich etwas ändern müssen. Zuschüsse für Sportanlagen und Vereine sind natürlich wichtig für die Daseinsvorsorge. Aber wenn es sich die Stadt nicht mehr leisten kann, wird man dies sehen. Wir beantragen zu prüfen, wo die Stadt durch Übertragung von Unterhaltspflege der Sportstätten auf die Nutzer, also die Sportvereine selbst, etwas einsparen könnte. Auch beim Straßenbau oder dem städtischen Grün wird es Einschnitte geben müssen. Wir könnten uns bei der Grünpflege beispielsweise vorstellen, dass interessierte Bürgerinnen und Bürger sozusagen Patenschaften übernehmen könnten und quasi ehrenamtlich zweimal im Jahr bei der Grünpflege für eine Parzelle, für die sie die Patenschaft übernommen haben, die Pflegearbeiten dem Grünflächenamt abnehmen. Dadurch ließen sich erhebliche Personalkosten einsparen. Der Kämmerer spricht davon, die Standards hinterfragen zu müssen. Und auch das Hochbauamt mahnt: wir müssen runter von unseren hohen Baustandards. Deshalb beantragen wir, zukünftige Wettbewerbsbedingungen entsprechend anzupassen und maximale Einsparungen zu erzielen. Das muss aber auch gelten für Ausstattungen und Mobiliar.

Konkret würden wir weiter vorschlagen, aus der Investionsliste folgende Posten zu streichen bzw. anzupassen:

  • Wenn noch möglich, Stoppen des Bauprojektes „KäpseLE“.
  • Ist ein Stoppen nicht möglich, zumindest Abkehr von den dort veranschlagten hohen Standards. Weiteres Ziel muss es sein, die Erlöse aus den Grundstücksverkäufen deutlich um 2-3 Mio. Euro zu erhöhen. Deshalb fordern wir hier Neuverhandlungen mit den Investoren.
  • Und: keine Beteiligung der Stadt am Wohnbau im Gebiet Käpsele. Diese Ambitionen beantragen wir als Sofortmaßnahme umgehend zu stoppen. So könnten wir 11 Mio. Euro sparen. Die Stadt darf nicht in den sozialen Wohnungsbau einsteigen. Dabei handelt es sich um eine Freiwilligkeitsaufgabe, die wir uns mit den derzeitigen eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten nicht leisten können.
  • Personalstellen-Abbau im Bereich des Integrationsmanagements von derzeit 11 auf 4-5 Personen maximal, d.h. auf die höchste Anzahl an Stellen in diesem Bereich, die maximal staatlich gefördert werden. Es kann nicht sein, dass wir als kleinere Kommune im Vergleich zu Esslingen hier sogar drei Personen mehr beschäftigen
  • Prüfung, ob noch Änderungen am Plan des Hallenbadneubaus möglich sind mit dem Ziel, die Kosten von 44 auf 35 Millionen zu drücken. Ggf. durch Weglassen des separaten Springerbereiches und Herabsenkung von Standards
  • Stoppen des Projektes Sanierung Ortsmitte Musberg – zeitliche Verschiebung nach 2029
  • Streichung des Investitionspostens „sozialer Wohnungsbau“ in Höhe von insgesamt 12 Mio. Euro in den nächsten 2 Jahren
  • Kürzung der Mittel für den Straßenbau auf jährlich maximal 1 Mio. Euro. Keine weiteren großzügigen Straßensanierungen und Grünflächenausbau mit Wegfall von Parkplätzen. Lediglich Reparaturarbeiten sollten durchgeführt werden zum Erhalt des vorhanden Straßennetzes.
  • Streichung der Mittel für die Außenanlagen des Lindachareals in Höhe von 1 Mio. Euro und Verschiebung auf 2029.
  • Streichung der Mittel für die Neuerrichtung von Kolumbarien auf den Friedhöfen.
  • Stoppen der Sanierung der Filderhalle mit 7 Mio Euro. Reduzierung auf lediglich unumgängliche Reparaturen aber keine weitere Generalsanierung.
  • Stoppen der Planung für die Errichtung kostenloser Wasserspender im Stadtgebiet.
  • Stopp des Baus weiterer teurer Buswartehäuschen Modell „LE“ oder Mobilitätspunkte. Stattdessen nur noch Bestellung von „Katalogware“ und dies auch nur im Fall von akutem Bedarf wegen dringend reparaturbedürftiger Schäden. Aufstellung einer Kosten-Nutzenanalyse für bereits erfolgte Werbemaßnahmen zu Mobilitätspunkten, inklusive Ausgaben für Filmproduktion.

Keine weiteren Ausgaben für Werbemaßnahmen zu Mobilitätspunkten wie Hochglanzbroschüren, Giveaways oder teurer Werbefilme.

  • Ausstieg der Stadtwerke aus dem Strom- und Gasvertrieb, weil hier keine Gewinne erwirtschaftet werden können.

Meine Damen und Herren, diese Streichliste ist natürlich nicht erschöpfend und wir wissen auch, dass es sich um schmerzliche Einschnitte handelt. Wir sind als Freie Wähler-FDP bereit, diesen steinigen Weg zu gehen. Wir erwarten von der Verwaltung aber weitere konkrete Vorschläge wo Standards abgesenkt werden können, um weitere Einsparungen zu erzielen. Wir beantragen deshalb unsere Streichliste weiter zu ergänzen, mit dem Ziel mindestens insgesamt 20 Millionen Euro jeweils in 2025 und auch in 2026 einzusparen.

Wir haben bewußt in diesem Haushalt auf unsere Themen mit der Verlängerung der U5 bis Echterdingen und dem durchgängigen Bau der Nord-Süd-Straße an dieser Stelle verzichtet, da wir wissen, dass dies gerade nicht geht. Mittelfristig brauchen wir aber den Ausbau des schienengebundenen ÖPNV mehr denn je. Einbringen wollen wir deshalb noch einen konkreten Vorschlag, nämlich zu prüfen, ob es möglich ist, für die U5 die vorhandene S-Bahn-Unterführung gemeinsam mit der Straße zu nutzen, die Max-Lang-Straßen-Anbindung Richtung Echterdingen zu verschieben und so den Weg für die U5 unter der Leinfelder-Straße frei zu machen. So wäre unter enormer Einsparung – da wir zunächst auf den Straßenneubau des zweiten Teilabschnittes der Nord-Süd-Straße verzichten könnten, eine deutlich günstigere und vor allen Dingen auch schnellere Verlängerung der U5 bis Echterdingen möglich. Wir bitten die Verwaltung darum, Herrn Dr. Christiani im Dezember im TA darüber berichten zu lassen. Als Folgemaßnahme des Schienenbaus wäre der neue, kurze Straßenabschnitt ebenfalls voll förderfähig und eine Einsparung von mindestens 30 Millionen Euro wäre somit möglich, ohne dass der Verkehrsfluss nennenswert beeinträchtigt wäre.

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass dies ein außergewöhnlicher Haushalt mit außergewöhnlichen Maßnahmen ist. Die Umstände sind so wie sie sind. Globale Krisen, Regierungskrisen und Kriege auf der Welt schütteln unser Land. Da können wir auch in LE nicht „Business as usual“ machen. Wir müssen eine Reaktion zeigen. Wir glauben, dass wir gemeinsam mit Gemeinderat und Verwaltung diese große Kraftanstrengung meistern können. Schulden, um es nochmals zu sagen, sind für uns der falsche Weg, weil sie nichts besser machen und uns nicht aus der Krise führen. Wir vertagen das Problem nur und übertragen es auf unsere Kinder und Enkelkinder, denen wir damit zumuten, mit dem Rücken an der Wand stehen zu müssen. Und das obwohl wir wissen, dass sie mit den Herausforderungen des Klimawandels und der Demografie vor noch viel größere Aufgaben gestellt werden als wir.

Ich halte es an dieser Stelle mit dem römischen Politiker Marcus Tullius Cicero, der einst sagte: „Der Staatshaushalt muss ausgeglichen sein. Die öffentlichen Schulden müssen verringert werden. Die Arroganz der Behörden muss gemäßigt und kontrolliert werden,… wenn der Staat nicht bankrott gehen will.“

Wie immer hänge ich die Liste unserer Anträge an das Ende meiner Haushaltsrede an und erspare mir aus Zeitgründen das Vorlesen.

Und nun hoffe ich, liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat, auf Ihr Wohlwollen und Ihren politischen Willen, unseren Vorschlägen zu folgen und bedanke mich wie immer bei allen Ämtern, allen voran bei unserer Kämmerei, die diesen Haushalt erstellt  bzw. daran mitgewirkt haben. Wir schätzen die Arbeit aller Ämter sehr und wissen um die großen Herausforderungen, die vor Ihnen und uns allen stehen.  Ich wünsche unserer Stadt mit unserem neuen Oberbürgermeister Otto Ruppaner, dass wir gerade in dieser schwierigen Lage durch Zusammenhalt und gemeinsame Ideen einen Weg finden, gut durch diese Krise zu kommen. Auch wenn es unumgänglich sein wird, sich in der nächsten Zeit bescheidener zu zeigen.

Ihnen allen, meine sehr verehrten Damen und Herren danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.

 

 

Haushaltsanträge Freie Wähler-FDP-Fraktion:

  • Erstellen einer Tabelle, wofür Kredite aufgenommen werden sollen, mit konkreten Angaben zur Höhe der Kredite und für welches Projekt sie verwendet werden sollen. Wir verlangen außerdem, unsere Befürchtungen auszuräumen, dass die Kredite pauschal verwendet werden, um strukturelle Defizite auszugleichen wie etwa für Personalausgaben oder Gebäudeunterhaltskosten.
  • Aufstellung eines klaren Zins- und Tilgungsplans für alle neu aufgenommenen Kredite
  • Bei allen neuen Ausgaben, überplanmäßigem Mittelbedarf, vor allen Dingen aber Schaffung von neuen Personalstellen, beantragen wir ab sofort grundsätzlich einen Deckungsvorschlag unter Nennung der entsprechenden Streichung/Einsparung von bestehenden Aufgaben aus dem Haushaltsplan.
  • Wir beantragen, das Prinzip des Doppelhaushaltes zu verlassen und zur einjährigen Planung zurückzukehren.
  • Wir beantragen eine Übersicht, welche Sozialleistungen von der Stadt geleistet werden und vielleicht entfallen könnten, weil sie vom Kreis bezahlt und über die Kreisumlage bereits finanziert sind. Ziel: Vermeidung von Doppelstrukturen.
  • Keine unterjährige Schaffung neuer Stellen. Alle geplanten Personalstellen sind im Voraus für ein Haushaltsjahr (oder für 2 Haushaltsjahre) dem Gemeinderat vorher zur Abstimmung zu geben.
  • Bei unterjährige Stellenschaffung muss grundsätzlich ein Deckungsvorschlag benannt werden, aus dem hervorgeht welche Stelle für eine neu zu schaffende Stelle eingespart werden kann.
  • Stoppen der Kostenübernahme für die Mitarbeiterparkausweise bei allen städtischen Bediensteten. Stattdessen nur noch Bezuschussung des Deutschlandtickets oder Dienstradleasings.
  • Antrag auf Nicht-Wiederbesetzung frei werdender Stellen bei Ruhestand oder Altersteilzeit, etc. für zunächst die kommenden zwei Jahre.
  • Erstellen einer Vorschlagsliste, welche Stellen aufgrund von Umstrukturierungen und Aufgabenänderung zukünftig entfallen können und Erarbeiten einer abstimmungsreifen Vorlage dazu im Gemeinderat
  • Antrag auf Übertragung von Unterhaltspflege der Sportstätten von der Stadt auf die Vereine mit Ermittlung der Kostenersparnis und Erarbeiten einer konkreten Vorlage zur Abstimmung im Gemeinderat.
  • Grünpflege für Rabatten an interessierte Bürgerinnen und Bürger sozusagen als Patenschaften übertragen und ehrenamtlich zweimal im Jahr die Grünpflege für eine Parzelle, für die sie die Patenschaft übernommen haben, dem Grünflächenamt abnehmen
  • Anpassung der Wettbewerbsbedingungen mit dem Ziel der Absenkung von Baustandards bei zukünftigen Wettbewerben und Ausschreibungen. Gleiches auch für Ausstattungen und Mobiliar.
  • Personalstellen Abbau im Bereich des Integrationsmanagements von derzeit 11 auf 4-5 Personen maximal, d.h. auf die höchste Anzahl an Stellen in diesem Bereich, die maximal staatlich gefördert werden.
  • Wenn noch möglich, Stoppen des Bauprojektes „KäpseLE“.
  • Ist ein Stoppen nicht möglich, zumindest Abkehr von den dort veranschlagten hohen Standards. Weiteres Ziel muss es sein, die Erlöse aus den Grundstücksverkäufen deutlich um 2-3 Mio. Euro zu erhöhen. Deshalb fordern wir hier Neuverhandlungen mit den Investoren.
  • Und: keine Beteiligung der Stadt am Wohnbau im Gebiet Käpsele. Diese Ambitionen beantragen wir als Sofortmaßnahme umgehend zu stoppen. So könnten wir 11 Mio. Euro sparen. Die Stadt darf nicht in den sozialen Wohnungsbau einsteigen. Dabei handelt es sich um eine Freiwilligkeitsaufgabe, die wir uns mit den derzeitigen eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten nicht leisten können.
  • Prüfung, ob noch Änderungen am Plan des Hallenbadneubaus möglich sind, mit dem Ziel, die Kosten von 44 auf 35 Millionen zu drücken. Ggf. durch Weglassen des separaten Springerbereiches.
  • Stoppen des Projektes Sanierung Ortsmitte Musberg – zeitliche Verschiebung nach 2029
  • Streichung des Investitionspostens „sozialer Wohnungsbau“ in Höhe von insgesamt 12 Mio. Euro in den nächsten 2 Jahren
  • Kürzung der Mittel für den Straßenbau auf jährlich maximal 1 Mio. Euro. Keine weiteren großzügigen Straßensanierungen mit Wegfall von Parkplätzen. Lediglich Reparaturarbeiten sollten durchgeführt werden zum Erhalt des vorhandenen Straßennetzes.
  • Streichung der Mittel für die Außenanlagen des Lindachareals in Höhe von 1 Mio. Euro und Verschiebung auf 2029.
  • Streichung der Mittel für die Neuerrichtung von Kolumbarien auf den Friedhöfen.
  • Stoppen der Sanierung der Filderhalle mit 7 Mio Euro. Reduzierung auf unumgängliche Reparaturen aber keine weitere Generalsanierung.
  • Stoppen der Planung für die Errichtung kostenloser Wasserspender im Stadtgebiet
  • Stopp des Baus weiterer teurer Buswartehäuschen Modell „LE“ oder Mobilitätspunkte. Stattdessen nur noch Bestellung von „Katalogware“ und dies auch nur im Fall von akutem Bedarf wegen dringend reparaturbedürftiger Schäden. Aufstellung einer Liste mit Kosten für bereits erfolgte Werbemaßnahmen zu Mobilitätspunkten, inklusive Ausgaben für Filmproduktion.
  • Ausstieg der Stadtwerke aus dem Strom- und Gasvertrieb, weil hier keine Gewinne erwirtschaftet werden können.
  • Ergänzung unserer Streichliste zur Erzielung weiterer Einsparungen in Höhe von 20 Mio. Euro für 2025 und 2026 durch Nennung konkreter Vorschläge und weiterer Absenkung von Standards
  • Prüfen, ob U5 bei Verlängerung bis Echterdingen gemeinsam mit Straße die S-Bahn-Unterführung nutzen kann und Vorstellung der gemeinsam mit SSB erarbeiteten Planung hierzu im Technischen Ausschuss, inklusive einer Darstellung des Straßenanschlusses der Max-Lang-Straße an die Leinfelder Straße Richtung Echterdingen (nach der Brücke)

 


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